Sackgasse als Titel für das erste Buch? Das ist starker Tobak und weist auf einen Erzähler hin, der dezidiert nüchtern und unromantisch an seine Sache herangeht; sein Stil beschönigt nichts und folgt seinen Menschen unter Verzicht auf literarische Eleganz und ohne falschen Glanz in ihre emotionalen Sackgassen. Bernhard Strobels Erzählungen zeigen Menschen in Krisensituationen, gereizte Stimmungen in der Familie, unter Freunden oder Nachbarn; wir lesen Dialoge, die am Rand eines Streitgesprächs ablaufen und zwischen Streitlust und Redeunwilligkeit oszillieren. Die Personen sind mitteilungsarm, in sich verschlossen, kommunikationsunfähig und vor allem: ohne jede Sicherheit. Was hier gesprochen wird, ist in seiner Kargheit die Karikatur jedes ›small talk‹. Und was für die Personen gilt, gilt auch für die Geschichten insgesamt: diese auf ersten Blick so realistische Literatur weiß nicht mehr über das Erzählte und ihre Protagonisten als diese selbst. Außergewöhnlich auch das Milieu dieser Geschichten: weit weg von den schicken und jugendlichen Szenen des Großteils der gegenwärtigen Literatur, knüpfen diese Texte eher an Rudimente des proletarischen Romans an: die Personen sind ganz unschick arbeitslos, (vielleicht) ungebildet, wohnen in der Vor- oder Kleinstadt, trinken Bier, langweilen sich und warten auf die Gewalt, die man jeden Moment auszubrechen fürchtet. Und dann gibt es noch irgendein Geheimnis, etwas Unausgesprochenes, das die Personen voreinander verbergen und das auch für den Leser unlösbar bleibt …
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